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   LAICHINGEN - Der Vater ist preisgekrönter Rettungshund beim DRK, und die Tochter Xena hat zwei Mal den Wesenstest bestanden: Aber beide sind American-Staffordshire-Terrier, und damit gelten sie als Kampfhunde. Seit 1. Januar ist dies in Laichingen teuer. Xena kostet statt 81 Euro nun 600 Euro Hundesteuer. Ihre Besitzerin hat Widerspruch eingelegt, der beim Verwaltungsgericht Sigmaringen liegt.

   Besuch kommt, und Xena ist begeistert. Sofort schleppt sie schwanzwedelnd ihr Lieblingsspielzeug an, einen Ball mit Strick dran. Einmal kräftig ziehen und schütteln, und der Gast ist ihr Freund. Monika Müller schaut lächelnd zu. "Das ist mein Kampfi", sagt sie: "Xena erobert jeden - wenn er sich auf sie einlässt". Da liegt das Problem.

   Als sich Frank und Monika Müller 1999 einen Hund zulegten, war ihnen die Rasse egal. Er sollte agil und sportlich, aber auch freundlich und kinderlieb sein und nicht allzu groß werden. Frank Müllers Bruder hatte einen Staffordshire und war begeistert, und so entschied sich das Laichinger Paar für diese Rasse, die in den USA auch als Therapiehund eingesetzt wird.

   Mit acht Wochen holten sie Xena beim Züchter ab. Ihre Erziehung übernahmen die Müllers selbst in der Hundeschule, wo sie sich als mustergültiges Hundekind erwies. "Sie folgt aufs Wort", versichert Monika Müller. Für den siebenjährigen Sohn Enrico ist sie ein Schmusetier, und Xena gehe sehr sanft und geduldig mit ihm um.

   Auch Enricos Freunde spielen mit dem anhänglichen Haushund, und genauso hat sie "Kumpels" unter Artgenossen. "Da ist noch nie etwas passiert - im Gegenteil. Xena ist diejenige, die schon vier Mal gebissen wurde, und sie ist so gutmütig, dass sie sich nicht mal wehrt", berichtet ihr Frauchen.

   Dennoch: Xena gilt als Kampfhund, und was dies bedeutet, merkten die Müllers, nachdem es bundesweit mehrere Angriffe von Kampfhunden gab und dabei auch ein Kind ums Leben kam. "Es waren entsetzliche Vorfälle, die uns wie alle geschockt haben", sagen beide. Aber dennoch lasse sich die Rasse nicht verallgemeinern: "Ein Hund ist das, was ein Mensch aus ihm macht". Ein Schäferhund lasse sich auch aggressiv machen. Entscheidend sei unabhängig von der Rasse, ob ein Hund verhaltensauffällig sei, und selbstverständlich müsse dann reagiert werden.

   Die Umwelt mache diese Unterschiede leider nicht. Als "Kampfhund"-Besitzer, die seit dem Jahr 2000 auch eine Erlaubnis der Ortspolizeibehörde brauchen, stoßen die Müllers immer wieder auf Ablehnung: "Leute, die Xena früher gestreichelt haben, wechseln nun die Straßenseite", haben sie erlebt und mussten sich schon sehr unfreundliche Bemerkungen anhören.

   Beide kennen sich aus mit Hunden. Frank Müller hat bei der Bundeswehr eine Ausbildung zum Hundeführer absolviert, und Monika Müller ist neben ihrem Beruf als Ausbildungsbegleiterin bei der Caritas auch ehrenamtlich Tierschutzbeauftragte für die Vereine in Ulm und Göppingen. Sie sammelt streunende Hunde ein, kümmert sich um herrenlose Katzen und informiert das Veterinäramt, wenn die Tierhaltung bei Bauern nicht in Ordnung ist.

   Was in den vergangenen Jahren mit den so genannten Kampfhunden passiert ist, finden die Müllers ganz schlimm. "Viele sind liebenswerte Familienhunde, und dennoch quellen die Tierheime jetzt von ihnen über. Sie haben keine Chance mehr auf Vermittlung", sagen sie kopfschüttelnd.

   Xena hat zwei Mal problemlos den Wesenstest bestanden und muss deshalb keinen Maulkorb tragen. Sie lässt sich sogar Knochen wegnehmen, berichtet Monika Müller: "Wieso kostest du jetzt 600 Euro?", sagt sie zu ihrer Xena, die mit schief gelegtem Kopf teilnahmsvoll zurückguckt. "Wir fühlen uns diskriminiert", sagt Xenas Besitzerin und lässt keinen Zweifel offen: "Ich kämpfe für meinen Hund. Ich will wissen, ob diese Steuer wirklich vor Gericht Bestand hat. Und ich will eine Begründung haben, nicht nur eine willkürliche Festlegung."

   Quelle: Schwäbische Zeitung o­nline 02. Juni 2007




Satzung produziert Ungerechtigkeiten

   Kommentar

   Als eine der wenigen Gemeinden in der Region hat Laichingen eine eigene Kampfhundesteuer erlassen.

   Die Kampfhundeverordnung gehört zu den Dingen, gegen die auf den ersten Blick eigentlich niemand etwas haben kann. Auf den zweiten Blick allerdings schon, denn bei näherer Betrachtung offenbaren sich die Tücken. Offensichtlich trifft diese Satzung die Falschen und produziert Ungerechtigkeiten. Vielleicht sind ja manche Hunderassen gefährlicher als andere, hieb- und stichfeste Belege dafür scheint es aber nicht zu geben. Verallgemeinerungen werden diesem Thema offensichtlich nicht gerecht, und auf Spekulationen sollte eine Steuererhebung nun wirklich nicht aufbauen.

   Der Abschreckungseffekt zieht als Argument wenig. Die Szene, der gemeinhin eine Neigung zu Kampfhunden nachgesagt wird, existiert in Laichingen gar nicht. Aber auch dabei gilt: Der verantwortungsvolle Umgang mit Hunden, die ab einer gewissen Größe nun mal theoretisch alle gefährlich sein können, ist ausschlag-gebend.

   Die meisten Gemeinden in der Region verzichten auf diese Sondersteuer und sehen keine Notwendigkeit dafür. Braucht Laichingen so etwas? Ganz offensichtlich nicht. Eine Familie wie die Müllers hatten die Gemeinderäte sicher nicht im Blick, als sie die Kampfhundesteuer erlassen haben.

   Quelle: Schwäbische Zeitung o­nline 02. Juni 2007